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Karl Wegener (1846–1914)
Kreativer Baumeister der Gründerzeit in Fulda

Das Grabmal von Karl und Adelheid Wegener auf dem Friedhof Franzosenwäldchen wirkt eher bescheiden. Welch ein Gegensatz, wenn wir im Stadtbild die prächtigen Gebäude aus der Zeit um die Jahrhundertwende bestaunen, die Wegener einst erbaute. Die Spuren seiner Arbeit, die die Stadt Fulda entscheidend prägten, sind heute noch zum größten Teil vorhanden und bestimmen das Bild einiger Stadtteile maßgeblich mit.

Wer kennt nicht den beeindruckenden Backsteinbau des ehemaligen Polizeipräsidiums in der Sturmiusstraße 3/5? Auch das ehemalige Jüdische Altenheim (von-Schildeckstraße 10) und das Haus des Provinzial-Rabbiners Dr.Michael Cahn (von-Schildeckstraße 12) sind zu erwähnen. Alleine am Frauenberg stehen noch heute fünf seiner eindrucksvollen Villen, so zum Beispiel die für ihn und seine Familie 1905 geschaffene sogenannte „Wegener-Villa“ (Gerloser Weg 5), die er am 27.April 1904 bezog. Dieser Prachtbau wurde im Jahre 2015 mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet.

Karl Wegener wurde am 11. Juni 1846 im Kreis Minden geboren. Nach Fulda kam Wegener 1876 als Eisenbahningenieur und war verantwortlich für das technische Personal. Seit 1881 firmierte er unter der Bezeichnung „Privatbaumeister“ und war seitdem nicht mehr für die Bahn tätig.

Im Jahr 1895 gehörte er zu den ersten Besitzern eines Telefonanschlusses. Nach u.a. „Stadt Fulda“ (1), Wachswarenfabrik Berta (2), Hotel „Zum Kurfürst“ (4) folgte Wegener mit der Telefonnummer 7 von insgesamt 17 Kandidaten, die in der Lage und bereit waren, die geforderten 150 Mark für den Anschluss zu investieren.

Wegener engagierte sich privat auch im Vereinswesen. So war er ab 1887 Vorsitzender des Rhönklub-Zweigvereins Fulda und ab 1904 sogar Präsident des Rhönklubs, also Nachfolger des Geheimen Sanitätsrats und Rhönklubgründers Dr. Justus Schneider. Dieses Amt begleitete er über zehn Jahre.

Wegeners zwischenmenschliches Geschick wird folgendermaßen beschrieben: „Zu seinen hervorragenden Eigenschaften gehörte seine stets mit seinem köstlichen Humor gewürzte Redegabe. Seine Herzensgüte und die sonnige Heiterkeit seines Gemütes machten ihn beliebt und geachtet bei jung und alt und so genoss Wegener in der Bürgerschaft großes Ansehen.“

Karl Wegener starb am 25.Juni 1914 in seinem letzten Domizil Villa Grüneck in Fulda (Gerloser Weg 1). Bereits einen Tag später erschien in der Fuldaer Zeitung eine schlichte Todesanzeige der Familie, am Folgetag eine weitere der „Bauwerksinnung Fulda“, deren Mitglied er war.

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