Johann Konrad Lucas (1815–1878)
Wundarzt, Wasenmeister und Scharfrichter
Seit dem 17. Jahrhundert war das „Amt“ des Henkers oder Scharfrichters in der Stadt Fulda in der Hand der Familie Lucas.
Wie andernorts auch war diese Aufgabe mit der Tätigkeit eines Wasenmeisters verbunden. Auf dem Wasen vor der Stadt wurden die Tierkadaver nach dem Abdecken (Abziehen der Haut) vom Wasenmeister vergraben. Durch die für die Arbeit notwendigen Kenntnisse der Anatomie sind die Scharfrichter auch immer wieder als Chirurgen in Erscheinung getreten. Der erste namentlich bekannte Vertreter der Familie ist Hans Lucas, der noch bis Anfang des 17. Jahrhunderts Scharfrichter war. Erstmals 1454 wird in Fulda ein in der „Hengersgasse“ liegendes „Hengershaus“ genannt. Es dürfte sich um ein Anwesen in der heutigen Meistergasse (Meister = Henker) gehandelt haben, in dem die Familie wohnte.
Johann Conrad Lucas, geboren am 1. Januar 1815 als Sohn des Amtswundarztes in Fulda und Eiterfeld Johann Peter Lucas und der Elisabeth Schmitt, war der letzte Fuldaer Vertreter des Scharfrichteramtes, das er von 1848 bis 1856 ausübte. Die letzte öffentliche Hinrichtung in Fulda wurde am 21. November 1856 an dem des Mordes beschuldigten Keuloser Schmied Blößer durch Enthauptung vollzogen. Die Wasenmeisterei versah Johann Conrad Lucas bis zum Jahre 1876.
Nachdem man in Kurhessen seit der Mitte des Jahrhunderts immer mehr von der Todesstrafe abrückte, übten manche vormalige Scharfrichter, so auch Lucas, den Beruf eines Wundarztes aus.
Johann Conrad war seit 1848 mit Walburga Braun (1817–1905), der Tochter des Scharfrichters Andreas Braun, verheiratet. Aus der Ehe gingen neun Kinder hervor. Nach dem Tode ihres Mannes betrieb Walburga Braun die Wasenmeisterei fort.
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